Siedlungsarchitektur

in den deutschen Kolonien Wolhyniens

Gebäudeeigenschaften

Die Entstehung der deutschen Siedlungen in Wolhynien beruhte auf den wirtschaftlichen Motiven der Kolonisten und den landschaftlichen Besonderheiten der Umgebung. Nach der Art der Besiedlung wurden die deutschen Kolonien hauptsächlich in zwei Typen unterteilt:

1) Straßensiedlungen, bei denen Gehöfte entlang einer oder der beiden Seiten der Straße erbaut wurden sowie

2) unsystematische Siedlungen, in denen jeder Besitzer sein eigenes Gehöft auf seinem Grundstück hatte.

Gemischte Besiedlungen kamen ebenfalls vor. Die deutschen Kolonien zeichneten sich durch eine vorherrschende ethnische Homogenität, Proportionalität und Sauberkeit der Gebäude, Landschaftsgestaltung sowie gute Straßen aus. Im Laufe des Kolonisationsprozesses gelang es den deutschen Kolonisten, ihre eigenen Bauerfahrungen mit den Architektur- und Bautraditionen der einheimischen ukrainischen Bevölkerung zu verbinden.

Aufgrund der gegenseitigen Lage von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden können die Siedlungen der deutschen Kolonisten in Wolhynien dem U-förmigen oder zweireihigen Gebäudetyp mit unverbundenen Bauten zugeordnet werden. Es gab auch Varianten mit einer teilweisen Verbindung von Wohnhaus mit Nebengebäuden.

Wohnstätte

Der Bau eines Wohnhauses war die wichtigste und unerlässlichste Aufgabe jeder Kolonistenfamilie. In den ersten Jahren der Besiedlung mussten die Kolonisten oft vorübergehend in Hütten, Erdhütten und Halb-Erdhütten leben, während die Unterkünfte vorbereitet und gebaut wurden. Die überwiegende Mehrheit der Wohngebäude bestand aus Holzrahmenwänden. Für das Haus wurde der beste Platz auf dem Hof gewählt. Es wurde in mehreren Etappen gebaut. In der ersten Phase, als alle notwendigen Materialien zusammengestellt waren, wurde mit der Konstruktion des Holzrahmens begonnen. In diesem Stadium war eine erhebliche körperliche Anstrengung erforderlich, so dass solche Arbeiten gemeinsam ausgeführt wurden. Dann bauten sie Mauern, ein Dach, führten Tischler- und Endarbeiten durch. Die Dächer waren meist strohgedeckt.

Die Wohnstätten der Kolonisten beinhalteten mehrere Kammern und zeichneten sich durch ihre Qualität, Zuverlässigkeit, Zweckmäßigkeit und Sauberkeit aus. Die Häuser wurden mit holländischen Öfen beheizt. In den Küchen wurden offene Herde zum Kochen eingebaut. In den Schornsteinen waren häufig Räuchereien installiert. Nur wenige wohlhabende Kolonistenfamilien an der Schwelle zum 20. Jahrhundert konnten Ziegelhäuser mit einem Blechdach bauen.

Nebengebäude

Die wichtigsten Nebengebäude eines Kolonistenhofs waren: Eine sogenannte Klunja – ein Nebengebäude zum Dreschen und Lagern von Brot, eine Scheune, ein Stall, ein Schuppen, ein Keller und ein Brunnen. Die Scheune und der Stall befanden sich oft unter demselben Dach. Oberirdische Keller wurden in Regionen mit einem hohen Grundwasserspiegel gebaut. Die Brunnen gab es in zwei Arten: Als Ziehbrunnen und als einen sogenannten „polessischen Schaduff“. Einige Höfe besaßen Nebengebäude, die saisonal oder für zusätzliche Aktivitäten der Besitzer genutzt wurden.

Das Gehöft war für jeden Kolonisten ein Statussymbol. Deshalb bemühte sich jeder Besitzer ein schönes und qualitativ hochwertiges Haus zu bauen, alle notwendigen Nebengebäude zu errichten und einen Garten anzulegen. Die meisten Höfe waren umzäunt und die Hausfrauen legten vor den Häusern prachtvolle Blumenbeete an.

Die Qualität der deutschen Häuser hat sich im Laufe der Zeit bewährt. In vielen Teilen Wolhyniens werden sie heute noch als Wohnstätte genutzt.

Bauetappen des Kolonistenhauses

Quelle: Archiv von Dr. Mychailo Kostjuk