Ernst Stewner

Foto-Romantiker der Zwischenkriegszeit

22. Februar 1907 – † 26. November 1996

schwarz-weiß Foto von Ernst Stewner, er schaut in die Ferne

Ernst Stewner (Archiv von Frank Stewner)

Ernst Stewner war ein Unternehmer und talentierter Fotograf, der in der Zwischenkriegszeit und während der deutschen Besatzung in Polen tätig war.

Ernst Stewner wurde im Dorf Salisnyzja, in der Provinz Riwne in Wolhynien, in der Familie des deutschen Kantors und Lehrers Heinrich Stewner geboren. Nach seinem Schulabschluss im Jahr 1923, studierte er am evangelischen Seminar in der Stadt Bielitz (Bielsko) in der Woiwodschaft Schlesien. Von 1927 bis 1929 war Ernst Stewner als Hauslehrer tätig. Von 1930 bis 1938 war er Handelsvertreter beim Lutherverlag in Posen (Poznan). Im Herbst 1939 wurde er zum Geschäftsführer von Foto-Greger, des größten Fotostudios in Polen. Auf dieser Grundlage eröffnete er im Februar 1941 sein erfolgreiches Unternehmen Foto-Stewner. In seinen Mitarbeiterstab nahm Ernst Stewner bewusst nur Polen auf. Er schuf für seine Mitarbeiter die entsprechenden Arbeitsbedingungen und behandelte sie mit dem nötigen Respekt, obwohl das während der deutschen Besatzung Polens sehr riskant war.

Im Januar 1945 zog die Familie Stewner nach Niedersachsen. Von 1945 bis 1969 ging Ernst Stewner einer unternehmerischen Tätigkeit in der Stadt Nienburg an der Weser nach. Im Jahr 1985 gründete er eine Stiftung zur Förderung von jungen und begabten Menschen in Nienburg. In dieser Stadt endete auch sein Lebensweg.

Die Fotografie

Seit dem Beginn der 1930er Jahre begeisterte sich Ernst Stewner für die Fotografie. Von 1932 bis 1939 nahm er mit seinen Arbeiten an Fotoausstellungen in Warschau, Krakau, Posen, Lemberg und Stanislau teil. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet. Er fotografierte gern Städte, Landschaften und machte Porträts von Dorfbewohnern in verschiedenen ethnografischen Regionen Polens. Es gelang ihm einzigartige Momente des alltäglichen Lebens einzufangen. Die Kritiker lobten die einmaligen und atmosphärischen Kompositionen, die Sanftheit, die feine Artistik und die Romanik seiner Werke. Manche seiner Fotografien publizierte Ernst Stewner in der Tageszeitung der Wolhyniendeutschen „Wolhynischer Bote“.

Präsentationswand "Wolhynien" im Ladengeschäft Foto-Stewner in Posen, 253765 Herder-Institut, Marburg

Stewners Kunst in der modernen Welt

Im Jahr 2010 wurde ein Teil des Archivs von Ernst Stewner entdeckt und dem Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung in Marburg übergeben. Ende des Jahres 2015 wurde, dank der Mitwirkung der Familie von Ernst Stewner, des Herder-Instituts und des Kulturzentrums „Zamek“ in Posen, eine spannende Ausstellung seiner Werke durchgeführt, die den Titel „Ein deutscher Fotograf in Polen“ trug. Dafür wurden 160 Fotoarbeiten aus unterschiedlichen Genres ausgewählt und ein zweisprachiger Katalog publiziert, in dem wissenschaftliche Artikel von deutschen und polnischen Kunsthistorikern veröffentlicht wurden. In den Jahren 2017 und 2019 wurde die Ausstellung in mehreren Städten Deutschlands gezeigt. Sowohl in Polen als auch in Deutschland erhielten die Werke von Ernst Stewner große Anerkennung.

Im Jahr 2015 veröffentliche der Historische Verein Wolhynien e.V. einen Kalender für das Jahr 2016. Dieser bestand aus den 13 besten Fotografien von Ernst Stewner, die er in Wolhynien gemacht hatte, sowie seiner kurzen Biografie in drei Sprachen.

Das Fotoarchiv von Ernst Stewner hat nicht nur einen künstlerischen, sondern auch einen dokumentarischen Stellenwert. Es dient als Quelle zur Erforschung der Geschichte der städtischen Architektur sowie ethnografischen Besonderheiten verschiedener Regionen in Polen während der Zwischenkriegszeit. Das Archiv bedarf einer weiteren Aufarbeitung durch Kunstforscher, Historiker und Ethnografen. Die Werke von Ernst Stewner können als Material für zukünftige Ausstellungen dienen, die sich der Geschichte der polnischen und deutschen Fotokunst widmen.

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