Erster Weltkrieg

und die Wolhyniendeutschen

Der Erste Weltkrieg stellte für die Wolhyniendeutschen eine große Tragödie dar. Er führte zu einer wüsten Zerstörung in allen Bereichen ihres Lebens und forderte unzählige menschliche Opfer.

Der Beginn des Krieges

Seit Kriegsbeginn wurden in vielen deutschen Kolonien in Wolhynien Spenden und Sachen für die Bedürfnisse des Roten Kreuzes sowie für Verwundete und Krankenhäuser gesammelt. Die meisten Männer wurden in die russische Armee einberufen. Männer im Entwurfsalter, welche die österreichische oder deutsche Staatsbürgerschaft besaßen, wurden verhaftet und in die entlegenen Provinzen Russlands verbannt. Alte, Frauen und Kinder blieben in den Kolonien zurück. Einige Provinzzeitungen veröffentlichten antideutsche Artikel.

Liquidation des Eigentums

Nach der Verabschiedung der Liquidationsgesetze durch die russische Regierung am 2. Februar 1915, waren die Wolhyniendeutschen gezwungen ihren Grundbesitz innerhalb von sechs Monaten zu vernichten. Die Kolonisten wurden dadurch ihrer wirtschaftlichen Existenz beraubt. Die Lage zwang die Menschen an andere Orte zu ziehen, um dort leben und wirtschaften zu können. Da im Sommer 1915 bereits die ersten Deportationen begannen, konnten viele Kolonisten ihr Eigentum nicht vernichten. Daher wurde es beschlagnahmt.

Verpflegungsstelle für Flüchtlinge und Vertriebene am Kiewer Güterbahnhof. Aus der Zeitung: Kiewskaja Mysl. 1915 Nr. 52. Illustrierter Anhang 357. Nationalbibliothek der Ukraine, benannt nach W. I. Wernadskyj 

Ausgabe von Berechtigungsscheinen für Lebensmittel an Flüchtlinge und Vertriebene. Kiewer Güterbahnhof. Aus der Zeitung: Kiewskaja Mysl. 1915 г. №52. Illustrierter Anhang 357. Nationalbibliothek der Ukraine

„Wir müssen uns des gesamten deutschen Gesindels entledigen, und es erbarmungslos, wie ein Vieh treiben.“

Aus dem Beschluss des Generalstabschefs der russischen Armee N. Januschkewitsch, 14. Juni 1915

Deportationen 1915-1916

Während des Rückzugs der russischen Armee im Frühjahr und Sommer 1915, wurden die deutschen Kolonisten in Wolhynien der Spionage und Sabotage beschuldigt. Am 23. Juni 1915 beschloss das höchste russische Militärkommando, die deutschen Kolonisten auf eigene Kosten in Regionen, die außerhalb der Militäroperationen lagen, zu vertreiben. Um dies ausführen zu können, wurde befohlen die einflussreichsten und wohlhabendsten Kolonisten, einschließlich Pastoren und Lehrer, als Geiseln zu nehmen und sie in Gefängnissen zu halten.

Die Deportationen erfolgten in vier Etappen von Juni 1915 bis Juli 1916. Infolgedessen wurden etwa 130.000 deutsche Kolonisten aus Wolhynien vertrieben. Eine repressive Maßnahme mit schrecklichen Folgen. Dadurch wurden der deutschen nationalen Minderheit in Wolhynien verheerende demografische, wirtschaftliche, moralische und psychologische Verluste zugefügt.

Rückkehr aus der Verbannung

Die Rückkehr aus der Verbannung begann nach der Februarrevolution 1917 und dauerte mehrere Jahre. Die Rückreise erfolgte unter schweren Bedingungen, mitten in Verwüstung und im Bürgerkrieg. Dies führte zu neuen menschlichen Opfern und materiellen Verlusten. Ein Teil der Wolhyniendeutschen kehrte nie wieder zurück. Die Häuser und Höfe der Kolonisten wurden zerstört oder besetzt.

Im Juli 1918 fand in Nowohrad-Wolynskyj ein Kongress der Deutschen von Westukraine statt. Dabei wurden Fragen nach der Entschädigung für kriegsbedingte Verluste, die Rückgabe von Eigentum, die Wiederherstellung von Bauernhöfen sowie die Wiederbelebung des kirchlichen und schulischen Lebens erörtert. Ein kleiner Teil der Wolhyniendeutschen wanderte mit Unterstützung der deutschen Militärverwaltung nach Deutschland aus.

Nach der Unterzeichnung des Friedensvertrags von Riga 1921, ging der westliche Teil Wolhyniens an Polen, der östliche Teil an die sowjetischen Ukraine. Infolgedessen wurde die ethnoregionale Gruppe von Wolhyniendeutschen zweigeteilt. Die Geschichte der Deutschen in West- und Ostwolhynien in der Zwischenkriegszeit setzte sich auf unterschiedliche Weise fort.