Erste Kontakte

slawischer und germanischer Volksgruppen

Zeichnungen von Gegenständen der gotischen materiellen Kultur.

Gotische Siedlung im Dorf Boratyn Gebiet Wolhynien. Gegenstände der gotischen materiellen Kultur. Zeichnung aus dem Buch: D.N.Kosak. Goten - Nikolajew, 1997

Alte Germanen und Wolhynien im 2. bis 4. Jh.

Erste Kontakte zwischen den germanischen Stämmen und der autochthonen (einheimischen) slawischen Bevölkerung entstanden auf dem Gebiet Wolhyniens bereits zur Völkerwanderungszeit. Der Weg des alten germanischen Stammesbündnisses der Goten von Skandinavien in die nördliche Schwarzmeerregion verlief durch das Gebiet von Westwolhynien.

Die Denkmäler der Goten, auch bekannt als die archäologische Wielbark-Kultur, sind breitflächig zwischen den Flüssen Westlicher Bug im Westen, sowie Goryn und Slutsch im Osten verteilt. Dazu gehören Siedlungen am Flussufer, Grabstätten sowie Schätze aus Münzen und diversen Gegenständen. Die Goten betrieben überwiegend Ackerbau und Viehzucht. Zu ihren hochentwickelten Handwerken zählten: Stuckkeramik (seltener Töpferei), Weberei, Schmuckherstellung, Holz-, Knochen- und Metallverarbeitung. Die Grabstätten beinhalten Waffen, Schmuck, Broschen, Schnallen, Knochenkämme und andere Haushaltsgegenstände.

Die Niederlagen im Krieg gegen die Hunnen im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts sowie Kriege mit einheimischen slawischen Stämmen, zwangen die Goten an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert dazu, das Gebiet von Wolhynien zu verlassen.

Beziehungen zwischen Wolhynien und germanischen Ländern im 9. - 14. Jahrhundert

Die Zeit der Kiewer Rus und des Fürstentums Galizien-Wolhynien führte zu einer Entwicklung der Beziehungen zwischen der deutschen und der westslawischen Bevölkerung auf dem Gebiet von Wolhynien. Aufzeichnungen belegen den Aufenthalt von Kaufleuten aus Bayern, Österreich, Schlesien und Sachsen in verschiedenen Städten Wolhynien, ab der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts.

Vom Beginn des 11. Jahrhunderts ließen sich 6 Kaufleute aus Regensburg, Lübeck, Mainz und Wien in Wolodymyr und Luzk nieder. Die Kaufleute aus Wolhynien vertrieben ihre Waren in deutschen Städten. Einige Wolhynien-Fürsten unterhielten Kontakte zu germanischen Fürstentümer und schlossen Ehen mit Vertreterinnen der deutschen Adelsfamilien. Deutsch Krieger kämpften auf der Seite des wolhynischen Fürstenkaders.

Nach der mongolisch-tatarischen Invasion, kamen auf Einladung der galizisch-wolhynischen Fürsten deutsche Handwerker nach Wolhynien, um die Städte wiederaufzubauen. Sie genossen sämtliche Privilegien, die ihnen durch das Magdeburger Recht verleihen wurden. In den wolhynischen Städten entstanden erste kleine deutsche Siedlungen, in denen überwiegend Kaufleute und Handwerker lebten, seltener auch Krieger. Die Deutschen beeinflussten, dank ihrer angesehenen und teilweise auch hohen Stellung, das soziale und politische Leben der wolhynischen Städte.

Goldbrosche aus dem gotischen Schatz im Dorf Laskiw, Wolodymyr-Wolynskyj Rajon, Wolhynien. Zeichnung aus dem Buch: D.N.Kosak. Goten. Nikolajew, 1997

Gotische rituelle Speerspitze aus dem Dorf Soschytschne, Rajon Kamin-Kaschirskyj, Oblast

Zeichnung einer gotischen rituelle Speerspitze aus Wolhynien
Zeichnungen einer Goldbrosche aus dem gotischen Schatz Wolhynien

Deutsche in Wolhynien im 14. - 18. Jh.

Die Position der Deutschen wurde zwischen dem 14. und 18. Jahrhundert durch das Magdeburger Stadtrecht, sowie die Privilegien der Großherzöge Litauens und der polnischen Könige begünstigt. Die Kaufleute verfügten über Lagerhäuser in den Städten Westwolhyniens. Die deutschen Soldaten dienten als Wachen und Kanoniere, arbeiteten als Waffenschmiede, beteiligten sich am Bau von Burgen, Festungen und Palästen für den polnischen Adel. Nach der Lubliner Union im Jahr 1569 wurde die Position der Deutschen in Wolhynien geschwächt. Im 17. und 18. Jahrhundert nahm ihre Zahl erheblich ab. Der Aufenthalt der Deutschen in Wolhynien am Ende des 18. Jahrhunderts hatte einen episodischen Charakter.

«… и тако плакашеся надъ нимъ все множество Володимирцевъ, Нѣмцы, и Сурожьцы, и Новгородьци, и Жидове …»

„... und beweinten ihn alle Leute aus Wolodymyr, Deutsche, und alle aus Surosch, aus Nowgorod, und Juden…“

Fragment aus der Galizien-Wolhynien-Chronik über den Tod des Fürsten Wolodymyr im Jahr 1288