Deutsche Siedler

in den Städten Wolhyniens

Die Zahl der Deutschen in den Städten Wolhyniens war in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht groß, aber in Bezug auf ihr Wachstum und ihr Bildungsniveau standen sie im Vergleich zu den anderen Nationalitäten an erster Stelle. Hauptgründe für den Anstieg der Zahl der Stadtdeutschen waren die Arbeitssuche, Probleme bei der Verlängerung der Pachtfristen für Grundstücke, der Einfluss der antikolonialen Gesetzgebung zwischen den 1980er- und 1990er-Jahren und das natürliche Bevölkerungswachstum unter den deutschen Siedlern. Die finanzielle Situation der deutschen Staatsbürger war recht stark.

Diagram zur Dynamik der Zunahme der Anzahl der Deutschen in den Städten Wolhyniens
Tabelle zur Ansiedlung von Deutschen in Wolhynien

Ansiedlung der Deutschen in den Städten des Gouvernements Wolhynien (1913). Archiv von Dr. Mychailo Kostjuk

Beschäftigung und Beteiligung an der industriellen Entwicklung der Städte

Das Archivmaterial zeigt eine breite Palette von Berufen der Stadtdeutschen. Sie waren in der Verwaltung, in öffentlichen und privaten Einrichtungen, im Bildungswesen, in der Kunst, in der Medizin, in der Veterinärmedizin, in der Pharmazie und in den Apotheken zu finden. Zudem waren sie in verschiedenen Handwerken, Gewerben, in der Beförderung sowie Pflanzenzucht tätig und unterhielten Hotels, Gasthäuser, Klubs, Fotoateliers, Handelshäuser usw. Ein großer Teil der Stadtdeutschen besaß Grundstücke und betrieb Landwirtschaft.

Besonders auffällig war die Beteiligung der Deutschen in verschiedenen Formen und in verschiedenen Positionen an der industriellen Entwicklung der Städte Wolhyniens. Sie arbeiteten als Arbeiter, Maschinisten, Mechaniker, Vorarbeiter, Ingenieure, Buchhalter, Leiter, Pächter und Geschäftsinhaber sowie als Vertreter und Angestellte deutscher Unternehmen. Die erfolgreichsten Unternehmer waren unter anderem die Mitglieder der Familie Arndt in Schytomyr, die Brüder Pagel in Nowohrad-Wolynskyj, der Ingenieur Adam Hendsel in Riwne, die Brüder Schneider in Luzk, Vater und Söhne Richert in Kiew.

Deutsche im öffentlichen Leben der Städte

Um die Jahrhundertwende traten auch einige Deutsche im öffentlichen Leben der Städte in Erscheinung. Sie nahmen an den Wahlen zu Stadträten und anderen öffentlichen Ämtern teil und wurden in Stadt- und „Semstwo“-Versammlungen gewählt. Die Familie Arndt war im Leben von Schytomyr besonders auffällig. K. J. Arndt diente als Sekretär der Provinz. Sein Bruder I. J. Arndt wurde zum Mitglied des Stadtrats von Schytomyr gewählt. Er half bei der Schaffung von Selbstverwaltungsorganen im Provinzzentrum „Semstwo“ und beteiligte sich aktiv an deren Arbeit. Er war auch Vollmitglied der Gesellschaft der Wolhynien-Forscher, baute auf eigene Initiative und Kosten eine Schule im Dorf Beresowka bei Schytomyr. Einige einflussreiche Deutsche wurden von den Behörden geehrt, indem ihnen ein bestimmter Status und Rang zuerkannt wurde.

In Vorkriegsjahrzehnt entstanden unter den Stadtdeutschen von Wolhynien die ersten zivilgesellschaftlichen Organisationen. Im Jahr 1908 wurde in Nowohrad-Wolynskyj eine Zweigstelle der Südwestdeutschen Gesellschaft eröffnet, deren Hauptziel die Entwicklung der Genossenschaftsbewegung war. Im Jahr 1909 wurde in Schytomyr bei der örtlichen evangelisch-lutherischen Gemeinde eine Gesellschaft für die Armenfürsorge gegründet.

Die Besonderheiten und mancherorts Aufgeschlossenheit innerhalb der deutschen Stadtgemeinden erleichterte die schnellere Integration in die verschiedenen Bereiche des sozioökonomischen und öffentlichen Lebens in den Städten Wolhyniens.